Historias de Diván
ISBN: 978-3-442-74860-0
Verlag: btb
Seiten: 252
Preis: [TB] 8,99€
Inhalt:
Gabriel Rolón ist der beliebteste
argentinische Psychoanalytiker. Er ist vor allem durch Radio- und
Fernsehauftritte bekannt geworden. In diesem Buch hat er acht Fälle
aus seiner Praxis festgehalten, die wirklich geschehen sind – mit
Erlaubnis der Patienten natürlich. Darunter ist ein homosexueller
Geistlicher, ein Mann der die sexuelle Liebe zu seiner Mutter auf
seine Freundin projiziert, ein Ehemann der glaubt, als Mutter seiner
Kinder könnte seine Ehefrau keine sexuell aktive Frau mehr sein,
eine Frau, deren Familie einen Schweigepakt eingegangen ist und
weitere interessante tiefenpsychologisch lösbare Fälle...
"Ja. Aber für Sie war das kein bloßes Kinderspiel. Es war eine traumatische, aber mit Lust besetzte kindliche sexuelle Erfahrung. Und solche Erfahrungen hinterlassen für gewöhnlich tiefgehende Schuldgefühle, die uns das ganze Leben hindurch begleiten und unseren Handlungen insgeheim ihren Stempel aufdrücken. Auch wenn wir es nicht wahrhaben wollen, Antonio, die Sexualität ist von Geburt an unsere Begleiterin. Ja, gerade im scheinbar unschuldigen Kindesalter drängt sie sich am stärksten auf und belastet uns am meisten. Denn wir sind zu diesem Zeitpunkt seelisch noch überhaupt nicht darauf vorbereitet, mit der damit verbundenen heftigen Erregung zurechtzukommen. Das kommt erst im Erwachsenenalter. Trotzdem fangen wir schon sehr früh an, durch Spiele, wie das, das Sie und Roberto damals gespielt haben, unsere Sexualität zu entwickeln."
S. 249
Meine Meinung:
Sigmund Freud und seine Psychoanalyse
interessieren mich schon seit einer Weile. Ich bin relativ überzeugt
davon, dass die Ursachen vieler Dinge/Probleme im Leben bzw. in
unserem Charakter in der Kindheit liegen, denn schließlich ist das
ziemlich logisch. Durch Rolóns Ausführungen hat sich mein
Verständnis sehr erweitert – zum Beispiel geht es eben nicht nur
darum, Kindheitserlebnisse zu interpretieren, sondern auch freie
Assoziationen oder sogar "versehentliche" Versprecher, die
wir dem Unterbewusstsein zu verdanken haben. Oder die Tatsache, dass
nicht nur zählt, was der Patient sagt, sondern auch wie.
Auch gefallen hat mir, dass der Autor
nicht nur das wichtigste der Dialoge berichtet hat, sondern auch alle
Erklärungen, die er dem Patienten gegeben hat. Zum Beispiel hat er
den Ödipus-Komplex kurz und super verständlich erklärt. Oder Dinge
wie Sexualität bei Kindern oder den Mechanismus des Verdrängens. Das
war mehr als ich erwartet habe und überraschend informativ. Alles
war verständlich und ich habe ohne große Schwierigkeiten eine Menge
dazugelernt.
Was die Fälle angeht muss ich sagen,
dass die ersten paar recht "langweilig" waren.
Beziehungsweise, was ich meine, ist, dass sie interessant waren und
auch interessant war die Herangehensweise des Analytikers zu sehen,
aber andererseits waren die Fälle nicht besonders spektakulär.
Allerdings könnte das Absicht gewesen sein, denn mit jedem Fall ist
die Sache interessanter geworden, bis hin zu einem Fall bei dem die
Patientin gestorben ist oder dem letzten Fall, mit einem Priester,
der fast schon wie eine Profiler-/Detektiv-Story klang.
Denn irgendwie scheint ein
Psychoanalytiker so eine Art Detektiv sein zu müssen – er bekommt
Geschichten zu hören, die teilweise nicht alles Wahre verraten, und
muss es dann interpretieren können und die Wahrheit aus dem Patienten
herausbekommen, um ihm helfen zu können.
Das Beste und Interessanteste am ganzen
Buch aber fand ich, dass es, wenn auch in abgeänderter Art, viele
kleine Parallelen zu meinem eigenen Leben gab. Ich glaube, jeder
Leser findet das eine oder andere Detail, das auch auf ihn selbst
zutrifft. Rolón gibt dann gleich Interpretationsansätze, sodass man
als Leser direkt unbeabsichtigt anfängt, sich selbst zu
analysieren...
Fazit:
Sehr interessante, unterhaltsame neue
Einblicke in die Arbeit eines "modernen" Psychoanalytikers.
Es regt viel zum Nachdenken über das eigene Leben an und ist sehr
informativ. Ohne dass man sich den Kopf über etwas zerbrechen muss
versteht man alles, sei es philosophischer oder psychoanalytischer
Natur, und lernt einiges dazu. Die Fälle waren relativ kurz
gehalten, aber gleichzeitig nicht zu kurz, sondern hatten genau die
richtige Länge, um jeden Tag einen Fall zu lesen.
Ich wurde wunderbar von diesem Buch
unterhalten und empfehle es allen, die ein wenig an Psychoanalyse und
Psychotherapie interessiert sind, ohne zu tief in die Materie
eintauchen zu wollen.
Vielen Dank an den btb-Verlag und das
Bloggerportal für dieses Rezensionsexemplar!
Hallo! :)
AntwortenLöschenDas Buch klingt aber mal wirklich interessant!
Ich persönlich stehe Fachbüchern immer etwas kritisch gegenüber, da meistens auch Fachleute in ihrem Themengebiet über ein abgegrenztes Thema schreiben und dies dann sehr fachmännisch erläutern. Gerade wenn man dann als "Unwissender" ein wenig in diese Materie hineinschnuppern will ist dass dann ärgerlich wenn man total verwirrt wird. Deshalb freue ich mich immer wenn ich ein interessantes Sachbuch finde das auch für Anfänger gut geeingnet ist. :)
Tolle Rezension!! :D
Alles Liebe,
Jasi ♥